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Sokolovska 24-Frauen sind kompliziert

Mit Rad am Ring endet mein drittes und letztes 24h Rennen im Jahr 2023. Es stehen 3 Wochen Camping Urlaub bevor. Meine Idee, den Gravel WM Qualifikationslauf in Italien zu bestreiten, wir sind quasi unweit davon entfernt, hat mir Ehegattin Pamela nachdrücklich aus meinem Kopf gehämmert. Pamela: „Kein Rennen im Jahresurlaub, nicht schon wieder trainieren, nicht schon wieder an eine Rennstrecke!“

Um den Ehekrieg zu vermeiden, gebe ich klein bei. Der Klügere kippt nach, und nach 3 Bier akzeptiere ich die 4 Wochen Rennpause. Ich stelle mein Bike verdreckt und verwahrlost in die Ecke und verwerfe den Plan in den kommenden Wochen sportlich aktiv zu sein. Zwar ist es schön nicht auf das Gewicht, die Ernährung und meinen Fitnesszustand zu achten, ein Plan für den Herbst muss dennoch her.

meine Mädels und ich

Im September findet die deutsche Meisterschaft im Gravel statt. Ich bin beruflich eh in der Eifel und so fokussiere ich mich darauf, mein Gravelbike in den nächsten Tagen fit zu bekommen.

Ich verweile mich in den Onlineshops: Aero Bars, Oberrohrtaschen, Trinkrucksack, Rahmentaschen…wer ein echter Graveler sein will, der braucht halt diesen ganzen Kram. Ich spende Unmengen an Geld und nochmal Unmengen an Zeit in der Werkstatt, um das Rad vor unserem Camping Trip fertig zu bekommen, denn es soll trotzdem mit in den Urlaub.

Einen Tag vor Abreise

Das Wohnmobil gepackt für 4 Personen, alle Teile da, das Rad gerichtet, Pamela und ich stoßen mit einem Glas Rotwein auf unseren kommenden Augusturlaub an.

Ausgelassen und gut gelaunt sitzen wir auf unserem Freisitz.

Pamela: „Ach das Betreuen am Rad am Ring hat mir so viel Spaß gemacht und unsere Mädels möchten das auch mal wieder tun. Ich finde du solltest in unserem Jahresurlaub noch ein 24h Rennen fahren.“

Ich: „Waaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaassss!“

Ihr kennt dieses Was – es sind diese langgezogenen, leise aber in einer hohen Tonlage gesprochenen

Waaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaassssss!

Ich: „Schatz, du hattest mir Rennverbot erteilt, ich habe den ganzen Bikekrempel nach Rad am Ring völlig chaotisch und unsortiert in die Werkstatt geschmissen, ich hab gerade Unmengen Zeug fürs Gravelbike gekauft und habe weder etwas für meine Regeneration, noch für meine Fitness gemacht. Nix ist quasi bereit und ich soll in 3 Wochen, nach unserem Urlaub, ein 24h MTB Rennen fahren?

Pamela: „Ja“

Wie die Geschichte weiter geht, könnt ihr euch denken.

Start-Ziel Sokolovska 24

Unser zweiwöchiger Roadtrip führt uns an den Lago di Como, Süd Tirol, Nauders, St Moritz und Arosa. Dann geht’s für zwei Tage nach Hause, um mein Bike Equipment zu richten. Danach weiter ins rund 600 Kilometer entfernte tschechische Sokolovska. Am Samstag, den 2.9. stehe ich also rennfertig im Startblock. Meine Gemütslage ist etwas durchwachsen. Meine Form würde ich zum jetzigen Zeitpunkt als „rund und gut genährt“ bezeichnen.

Ich habe Lust auf Radeln, sich aber wieder total zu zerstören fällt mir schwer. Zudem habe ich viele Bedenken, der Kurs ist technisch und es hat geregnet. Der Start ist um 10 Uhr und somit habe ich einen extrem langen Stint von 10 Stunden bis zum ersten Stopp. Die Nacht ist um fast 2 Stunden länger als noch im Juni und es ist mein viertes Rennen dieses Jahr. So viel bin ich noch nie gefahren und ich weiß nicht wie mein Körper reagiert. Ich bin maximal verunsichert.

Ich gefolgt von Dennis

Immerhin stehen mit Nils, Dennis und Arno weitere Ultrafahrer aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis im Startblock, so dass ich zwar als Solo Rider, nicht aber als Einzelkämpfer unterwegs bin. Nachdem der Le-Mans-Start vollzogen und wir alle aufgesattelt sind, versuche ich zunächst bei Dennis zu bleiben. Gestern Abend hatte es nochmals geregnet und die Strecke ist in deutlich schlechterem Zustand als beim Streckencheck. Die ersten Fahrer schieben schon im Wiesendownhill, während ich zumindest einbeinig ausgeklickt hinab drifte. Der Rhythmus von Dennis passt mir, ich hab definitiv in der Startphase nicht überzogen und die wärmende Sonne sorgt für eine immer schneller werdende Strecke. Unsere verhaltende Gangart ist richtig, aber wir befinden uns im hinteren Teilnehmerfeld. Doch als dann nach mehreren Runden Arno und Nils von hinten kommen, wird Dennis etwas unruhig. Den eigenen Rhythmus zu finden ist wichtig, eine gute Renneinteilung auch, aber du kannst dann doch nicht jeden Mitstreiter ziehen lassen, denn du musst ihn dann auch irgendwann zurückholen. Dennis erhöht das Tempo und wir bilden somit ein Quartett, welches aber nur von kurzer Dauer ist. In den kommenden Runden fällt Dennis ab, dann Arno.

die Rennsituatiion imme rim Blick

Ich bin unschlüssig, wo ich bleiben will und fahre zunächst mit Nils weiter. Ich fühle mich gut, eigentlich bin ich sogar wenig verschlissen nach den ersten 6 Rennstunden. Da mittlerweile auch Nils nicht mehr bei mir ist, versuche ich weiter Plätze gut zu machen. Runde für Runde schiebe ich mich immer weiter vor in die Top 10, doch plötzlich kündigt sich mein Magen an. Es ist nicht das flaue Gefühl, welches üblich ist. Es sind Bauchkrämpfe, irgendwas will raus. Knapp 30 Minuten Rundenzeit sind eine Qual, wenn man weiß man kann es nicht beherrschen. Ich kämpfe weiter, aber nach 20 Minuten wird mir klar, weitere 10 Minuten bis zum Camper schaffe ich nicht. Ich fliehe irgendwo ins Gebüsch und lasse raus was raus muss. Als ich dann kurze Zeit später (ohne meine Radhandschuhe, jeder kann´s sich denken) auf die Strecke zurück komme, haben mich Nils, Arno und Dennis schon längst überholt. Bestens betreut von meinen zwei Töchtern und Pamela, fordere ich auf Start/Ziel neue Handschuhe an. Meinen Kindern ist es suspekt, wie man beide Radhandschuhe gleichzeitig verlieren kann 😊

der Regen verzieht sich

Eine Runde später, mein Hände sind in neues Klopapier gehüllt, beschließe ich, alle Fahrer zurück zu holen, die mich bei meiner Naturexkursion überholt hatten. Ich brauche lediglich eine Runde, um die 2 Minuten Rückstand wieder aufzufahren. Ich passiere Dennis, Arno und Nils und da ich jetzt schon hochgeschaltet habe, lasse ich diesen Gang stehen und kämpfe mich in den kommenden Stunden auf Platz 3 vor.

10 Stunden sind vorbei, der Magen ist noch immer nervös aber beherrschbar. Bestens betreut werde ich nachtfertig gemacht. Esist nun Lichtpflicht. Leider streiken sämtliche Lampen-Akkus. Das Ersatzmaterial wird gerichtet, ich bin zumindest für die nächsten 2 Stunden versorgt.

bestens versorgt

Um 22 Uhr ist Akkuwechsel-nach 12 Stunden liege ich mit knapp 200 Km und 3300Hm auf Platz 3, doch leider streiken die Akkus noch immer und ich muss an dieser Stelle das Rennen beenden. Platz 3 übernimmt somit Dennis. Ohne Wechselakkus kann ich hier nicht mehr vorne rein fahren. Meine Töchter wollten mich gerne die Nacht durch betreuen, sind aber froh, dass sie allmählich ins Bett dürfen. Nach einer Dusche ist die 24h Rennsaison also beendet und statt frustriert zu sein, wird gefeiert.

Aufholjagd…

Sieg am Alfsee

Platz 4 in München

Altersklassen Sieg bei Rad am Ring

Für Pamela und mich geht´s um Mitternacht an die Bar, um den tschechischen Schnaps zu verkosten.

Mit aufgehender Sonne freue ich mich für Dennis, er kann Platz 3 halten und beendet das Rennen auf dem Podium. Ich selbst werde Platz 6 und viele Hausaufgaben zum Thema Ernährung, Magen und Equipment mit nach Hause nehmen.

…dann war´s vorbei

Eine erstes Treffen und Analyse mit Lampensponsor Magicshine ergab, dass ein defektes Kabel die Akkus kurzgeschlossen hat und diese dann in einen Safety Mode gehen. Mit neuem Kabel und einem Reset sind dies wieder voll einsatzfähig.

Es bleibt eine tolle Rennsaison, ein tolles Wochenende mit der Family, ein Platz 6 sowie einen Grund wieder zu kommen und natürlich eine Frau, die man nicht versteht 😊

Party

Lieben Dank an die Familie und alle Sponsoren

Gratulation an die Sieger sowie

Dennis P3

Nils P3

Arno P6

Happy ride

Daniel