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24h Alfsee- ersoffen im Matsch

Ein Jahr ist nun vergangen und ich sitze schon wieder im Wohnmobil, um die 800 Kilometer lange Reise nach Rieste anzutreten. Eigentlich wollte ich nicht mehr an den Alfsee zurückkehren, doch als Vorjahressieger folge ich gerne der Einladung von Uwe und komme nochmals zurück. Ich freue mich sehr nun alle zu treffen, die mich in den vergangenen Monaten beglückwünscht haben und ich durch den Vorjahressieg kennenlernen durfte. Während ich mich also nun im Wohnmobil über die A5 chauffieren lasse und mir meine Crew eindrücklich beweist, dass auch ein Wohnmobil trotz 120PS, 20 Liter Spritverbrauch auf 100km haben kann, bin ich natürlich gespannt, wie das erste Rennen der Saison verläuft.

Bevor wir unser Fahrerlager einrichten, müssen wir noch in den regionalen Treff, um die Crew mit ausreichend Bier zu versorgen. Schon fast traditionell winken wir den Nutten zu, welche auf der L 68 die Begrüßungszeremonie zum Rennen abhalten. Veranstalter Uwe hat uns ein schönes Plätzchen bereitgestellt und so schlagen wir unser Fahrerlager neben den bekannten Mitstreitern Dennis, Nils, Kai und Andreas auf.

Endlich treffe ich Thorsten, der Kerl, der für uns den Livestream von Leo Channel während dem Rennen macht. Auch über die Anwesenheit von Gunnar Voß, dem Veranstalter vom 24 Stunden Rennen München freue ich mich sehr. Gunnar möchte selbst mal die Brille eines Teilnehmers aufsetzen, um besser zu verstehen, beziehungsweise selbst zu erleben, was er den Fahrern als Veranstalter antut 😊.

Nach einer erholsamen Nacht, weckt uns strahlender Sonnenschein am Alfsee. Für mich geht’s ab zum Interview, Frühstücken, Arschbombe in die Gesäßcreme und dann stehe ich nach einer Testrunde pünktlich um 14:00 Uhr im Startblock.

Die Sonne ist mittlerweile verschwunden und die ersten Regenschauer kündigen sich an. Durch den Start in vorderster Reihe komme ich gut durch die ersten Trails, muss aber sofort Profi Lukas Kaufmann und Weltmeister Kai Saaler ziehen lassen. Schon in Runde 1 beginnt es zu regnen. Manch einer war vorbereitet und ist schon in langen Klamotten und Regenjacke gestartet. Ich hoffe darauf, dass der Regen schnell aufhört und ich leicht bekleidet dann bei wärmeren Temperaturen wieder abtrocknen kann. Ein 24 Stunden Rennen bei Regen zu starten ist maximal semigeil, ich versuche dennoch meinen Rhythmus zu finden, kann aber auch die erste schnelle Gruppe rund um Andreas, Chris, und weiteren Fahrer nicht halten. So finde ich mich nach den ersten 2 Stunden irgendwo am Ende der Top 10 wieder. Der Regen hat mittlerweile aufgehört und ich fahre konstante Rundenzeiten, bis dann plötzlich Gunnar Voss an mir vorbei rauscht. Ich freue mich zwar mit ihm eine Runde gemeinsam zu bestreiten, mental ist das dann aber schon ein Tritt in die Cojones, wenn quasi dein eigener Chef (ich bin Ambassador vom 24h Race München) an dir vorbei fährt. Ich schreie ihm nur hinterher „ich könnte dich ja mal als Ambassador für ein Event vorschlagen“ als er im Anstieg davonzieht.

Mittlerweile ist die Strecke etwas abgetrocknet und während wir die 6 Stunden Marke durchbrechen, komme ich immer besser in Schwung. Nach 8 Stunden beginne ich nun die ersten Fahrer von vorne zurückzuholen. Sie werden langsamer und können auch mein Tempo nicht mehr halten. So arbeite ich mich langsam in den Top 10 nach vorne, während schon die ersten Solofahrer überrundet werden. Bei der nächsten Überrundung werde ich angequatscht, es ist der Zeltnachbar vom Vorjahr. Er selbst ist immer nur im Team gestartet und hatte hatte immer Angst davor es solo zu versuchen, ich hatte ihm da letzten Jahr viel Mut und Tipps zugesprochen. Er begrüßt mich herzlich mit den Worten „Daniel, Du bist so eine Inspiration“ – ich habe mich nach unserem Gespräch letztes Jahr nun endlich als Solofahrer angemeldet. Ich antworte: „Das ist so cool! Ich bin superstolz auf dich“. Er meinte zwar, er könne immer nur 60 Kilometer fahren und macht dann Pause, aber genau so habe ich auch mal angefangen. Voll motiviert spannt er sich vor mein Vorderrad und führt eine ganze Alfseelänge als Dankeschön im Wind. Ich wünsche ihm viel Glück, während ich in der kommenden Runde davonziehe.

Solche Momente sind einfach unbezahlbar. Andere zu inspirieren und zu motivieren an sich zu glauben und das große Abenteuer als Solofahrer zu starten, ist einfach klasse. Schön, wenn man Leute aus der Community mitreißen kann.

Es wird Zeit für einen kurzen Boxenstopp: meine Crew rund um Marco und Kai fertigen mich in wenigen Minuten ab und machen mich und mein Bike nachtfertig. Ich stopfe schnellstmöglich sämtlich Kalorien in mich rein. Die Kombination aus Red Bull, Erdnüssen und Schokonussecke ergänzt mit Aminosäuren entpuppten sich leider nicht als kulinarische Highlight.

Um Mitternacht fühle ich mich noch gut, während sich langsam die zweite Regenfront über dem Alfsee bereit macht und erneut Regen einsetzt.

Während ich in der folgenden Runde vom Nieselregen langsam durchweicht werde, fühle ich mich weiterhin gut. Speed, Magen und Temperatur sind im grünen Bereich. Kurz nach passieren der Start-Zielgerade setzt dann stärkerer Regen ein. Für mich bedeutet das fast 40 Minuten im Regen, bis ich wieder zu meiner Crew komme. Regenkleidung besitze ich nicht – Kai stülpt mir eine wasserabweisende Weste mit abnehmbaren Ärmeln über und in den weiteren 40 Minuten werde ich nass bis auf die Knochen. Die Strecke mit ihren steilen Wiesenpassagen ist mittlerweile unfahrbar geworden, wenige Fahrer sind nur noch auf der Strecke und die wenigen Anstiege, die es hier gibt müssen nun schiebend bewältigt werden. Zur Rennhalbzeit um 02:00 Uhr nachts, nach 211KM, beschließe ich dann einen längeren Stopp einzulegen.

Zum einen bin ich nicht auf diese regnerischen Bedingungen vorbereitet, zum anderen erschließt sich mir auch nicht der Sinn nun mein Rad mehr um die Strecke zu schieben als zu fahren. Natürlich kann man bei diesen Bedingungen viel auf seine Kontrahenten gut machen, man kann aber auch genau die Körner verschießen, die man eigentlich zum Bewältigen der zweiten Rennhälfte braucht.

Man kann mir jetzt den nötigen Biss absprechen und ohne um den heißen Brei herum zu reden ist eine warme Dusche und eine Pause im Wohnmobil jetzt sicherlich der bequemste Weg. Wenn man bedenkt das Nils nun gerade mit nem Schlüsselbeinbruch unter der Dusch steht und ein anderer Fahrer einen Beckenbruch zu beklagen hat, könnte es aber auch die intelligenteste Maßnahme sein.

So endet das Rennen, vorerst auf Platz 3 liegend, für mich in der Duschkabine. Bestärkt wird meine Entscheidung dadurch, dass beim Blick auf die Zeitmessung aktuell wohl kein Solofahrer aus den Top 10 mehr auf der Strecke ist.

So habe ich kein Problem damit mich im Alkofen zu verkriechen und während es draußen heftig regnet ein Powernap zu machen.

Wie sich später herausstellte, hatte genau zu diesem Zeitpunkt die Zeitmessung einen Aussetzer was dazu führte, dass sich die zurückliegenden Fahrer wieder an mir vorbei schieben, während ich im Dornröschenschlaf liege.

Wachgeküsst werde ich erst wieder um 05:00 Uhr morgens, beziehungsweise eine Whatsapp Nachricht von Ehegattin Pamela mit den Worten „schwing dein Arsch wieder nach draußen“ sorgt dafür, dass ich meine Crew wecke und wir gegen 6 Uhr wieder back on Track sind.

Während ich nun mehrere Runden Rückstände habe, reihe ich mich nun auf Platz 9 ein, bei noch 8 verbliebenen Rennstunden.

Ich kämpfe mich zurück ins Rennen, Marco analysiert die aktuelle Lage und gibt folgendes Ziel aus: Platz 5 ist machbar, sofern ich die Rundenzeit vom Vortag fahre. Dann wäre ich 10 Minuten schneller pro Runde und kann nun in den kommenden Stunden auf Platz 5 vorfahren und somit das Podium in der Altersklasse schaffen. Mein Körper ist schnell wieder in Schwung und trotz der matschigen Bedingungen, aber mit verkürzter Rennstrecke – hier wurden etliche Passagen aus der Streckenführung genommen – kann ich wieder Zeiten unterhalb der 40 Minutenmarke fahren. Bis zum Erreichen der 300 Kilometer Marke habe ich mich schon auf Platz 6 vorgekämpft und gut 2 Runden später überhole ich nun auch der Fünftplatzierten.

Dieses Jahr gibt es beim Alfsee24 zum ersten Mal Altersklassen und die Aussicht hier nochmal bei einem Podium geehrt zu werden motiviert mich bis in die Haarspitzen. Wie sich beim Zieleinlauf später herausstellt, werden jedoch nur die Sieger geehrt und somit beende ich das Rennen nach rund 360 schweren Kilometern auf Platz 5.

Ich gratuliere dem Sieger Lukas Kaufmann, sowie den anderen Fahrern auf dem Podium. Ihr wolltet in einem harten Rennen die Podium Platzierung schlicht und ergreifend mehr als ich und habt euch das mit eurer Leistung verdient.

Für mich war dieses regnerische Rennen sehr lehrreich, gerade was die Renntaktik betrifft. Bei Regen oder schwierigen Bedingungen muss ich mich taktisch, so wie auch vom Regenequipment her noch sehr verbessern.

Ich selbst bin trotzdem mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Ich wurde vor dem Start in die erste Startreihe berufen, weil man mich zu den besten Fahrern im Fahrerfeld zählt. Ich bin in den Top Ten gestartet und habe mit Platz 5 erneut in den vorderen Platzierungen gefinisht. Gerade bei Rennen, die physisch und mental so fordernd sind, ist das nicht selbstverständlich.

Gratulation an Gunnar für 19 stark Runden.

Gute Besserung an Nils, Dennis und den weiteren gestürzten Fahrern.

Gratulation an alle Solofahrer, die zum ersten Mal auf der Strecke waren. Ihr seid alle Champions und einer von Euch holt am Ende des Tages den Pokal für uns ab!

Danke an Marco und Kai, die mich wieder bestens betreut haben, sowie Ehegattin Pamela, die von zu Hause aus unterstützt hat.

Happy ride.

Euer Daniel