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Illmensee MTB Challenge-Nur Statist

Nachdem ich mich vergangenes Wochenende beim Zieleinlauf des Schwarzwald-Bikemarathons auf die Schnauze gelegt hatte, konnte ich die Tage danach noch nicht so richtig genießen. Schon beim Ausfahren nach dem Rennen merkte ich, die Schaltung funzt nicht mehr richtig und kaum zu Hause eingetroffen, galt die volle Aufmerksamkeit der Fahrtüchtigkeit meines Bikes und meiner Beine. Werkzeug fürs Schaltauge bestellen, Schaltwerk zerlegen, Schaltwerkskäfig richten und irgendwie den Muskelkater in den Beinen lösen. Irgendwie war ich voll unter Strom und erst als am Dienstag das nötige Werkzeug eintraf und abends mein Radl wieder funktionstüchtig war, war das Rennwochende in Furtwangen für mich beendet.

Unter Einfluss von 3 Gläsern Primitivo und ner Tüte Haribo, beschloss ich dann Mittwochabend, den Laktatspiegel erst gar nicht zu weit absinken zu lassen. Im Forum hatte ich von einem Rennen am Illmensee gelesen und mit der Familie plante ich nun das kommende Wochenende im Zeichen der Rundstrecke.

Freitagmittag ging´s in den Europapark, auf 10 Runden im Kettenkarussell sollten am Samstag dann 3 Runden in Illmensee folgen, um am Sonntag die leeren Speicher beim asiatischen Buffet mit weiteren 5 Runden wieder aufzufüllen.

Rundstrecke im Europapark

3 Tage voll im Laktat waren also geplant und so stand ich bei besten Wetterbedingungen am Samstag im Startblock der 9. Ilmensee MTB Challenge.

Der Start erfolgt neutralisiert, nach 300 Metern bogen wir in einen grobschottrigen Anstieg, welcher in eine steilere Wiese übergeht. Schon dieses Stück reicht um das Feld komplett zu zerreißen und es braucht lediglich eine halbe Runde um den Rennverlauf neu zu zementieren. Ich selbst bin in einer rund 7 Mann starken Gruppe. Vor uns fahren vereinzelt Fahrer, die das Tempo der Gruppen vor uns nicht halten konnten. Die Gruppen sind aber schon außer Reichweite. Wenn ich selbst oder die Vordermänner nicht einbrechen, fahre ich hier um plus-minus 4 Plätze in den kommende 1,5 Rennstunden. Als einer der Einzelkämpfer weiter vorne, entdecke ich Volker, einen Mitstreiter mit dem ich mich in Furtwangen schon duelliert hatte. Er scheint heute einen Ticken schneller zu sein als unser Gruppe, denn obwohl er Solo vor uns her fährt, schaffen wir es nicht näher zu kommen.

3 Rundes a 15KM stehen an

Es folgt die Anfahrt zum kurzen Saubuckel, welcher nach einer kurzen Abfahrt in den langen Saubuckel mündet (so nannte man diese Anstiege, weil sie über 15% Steigung hatten). Die Wattzahlen meines Garmins sind welche, die unmöglich über 3 Runden funktionieren werden und während die Bergflöhe am Ende dieser Anstiege immer einen Gang runterschalten, um kurz durchzuatmen, wuchte ich mit nem dickeren Gang hinterher, um die 3 Radlängen Rückstand, die ich hab wieder zuschließen. Kaum habe ich aufgeschlossen, ist dann wieder Tempo in der Gruppe. Die Abfahrten sind zu kurz, um den Puls runterzubringen und am vierten Anstieg einer fiesen Asphaltrampe wiederholt sich das Spiel.

Nach 35 Minuten passieren wir Start/Ziel und mir wird klar, die kommenden Runden bin ich hier nur Statist. In den Anstiegen gehe ich tiefrot, in den Flachpassagen kämpfe ich darum die Hinterräder zu halten ohne das mein Puls signifikant runtergeht. Ich bin lediglich Mitfahrer in diese Gruppe. Entlastung gibt’s nur, wenn ich mich in den Abfahrten an die Spitze setze und etwas Abstand in die Gruppe bringe. Allerdings sind diese viel zu kurz und in den Flachstücken steht immer Wind. Nach weiteren 36 Minuten gehen wir auf Runde 3: die Gruppe hat sich etwas verkleinert und schon im ersten Wiesenanstieg lässt mich meine Gruppe stehen. Auch der Rückstand auf Volker, der noch immer als Solist vor uns ist, wird langsam kleiner. Für mich geht es nun nicht mehr darum, mich in den Steigungen festzubeißen und mich über die Kuppe an die Hinterräder der Vordermänner heran zu kämpfen, ich hab nun echt Lücken, die ich immer wieder alleine zufahren muss.

Schweinebuckel

Die Wattzahlen sind okay, aber ich bin einfach ne fette Sau, was in den steilen Rampen deutlich wird. Mittlerweile füllt sich unsere Gruppe mit Fahrern aus den vorderen Gruppen, die etwas überpaced hatten und wir befinden uns auf der Anfahrt zum kurzen Schweinebuckel. Schon bevor die Steigung beginnt, kann ich das Hinterrad meines Vordermannes nicht mehr halten. Ich klinke aus der Gruppe aus und komme alleine auf dem Schweinbuckel an. In der kurzen Abfahrt schaffe ich es gerade noch den Anschluss zu schaffen, aber schon biegen wir in den langen Schweinebuckel ein. Die aktuelle Situation ist echt frustrierend: seit 1,5 Rennstunden bin ich hier nur Statist, der um Hinterräder kämpft und es reichen diese zwei Schweinebuckel mich als nicht-konkurrenzfähig zu markieren. Mit dem Blick auf meine Wattzahlen kann ich förmlich zuschauen, wie die Körner flöten gehen. Aktuell fehlen mir schon 30 Watt. Im flacheren Abschnitt des Schweinebuckels kann ich sogar noch das Tempo meiner Gruppe halten, sobald es im oberen Teil steiler wird, merke ich wie ich mit jeder Kurbelumdrehung etwas mehr abgehängt werde. Meine Begleiter fahren sogar die Löcher nach vorne zu und kämpfen nachfolgend mit Volker um die Plätze. Ich drehe mich um, kein Mensch zu sehen, ich bin der Abgehängte, der Letzte dieser Gruppe. Auf der Kuppe angekommen sehe ich noch nicht einmal mehr meine Vordermänner, keine Hinterräder zum ran kämpfen, als wäre ich gerade allein auf ner Feierabendrunde unterwegs.

Einsam am kämpfen

So könnte man die Situation beschreiben, so stellt sie sich wohl auch für meine Vordermänner dar. Ich selbst sehe das jedoch völlig anders. Ein Woche zuvor hatte ich nach dieser Renndauer schon Krämpfe, jetzt habe ich aber noch immer 350-400 Watt in den Beinen und ich bin wahrlich noch in der Lage mir richtig weh zu tun. Nicht die Kontrahenten haben mich abgehängt, sondern die Steigungsprozente des Schweinebuckels und der ist nun rum. Nein liebe Mitstreiter, auch wenn ich euch nicht mal mehr sehe, ich bin nicht der Abgehängte, sondern derjenige der euch jagt. Mit diesem Mindset stürze ich mich in die Abfahrten und auf den folgenden Flachstücken lehne ich mich in meine SQlab Innerbarende 411r Carbon, 40g, 129,99€ UVP, 5Nm, ART.Nr.2310 (hier könnte ihre Werbung stehen), um unter besten aerodynamischen Bedingungen auf die Jagd zu gehen. In der ferne sehe ich ein Zweiergruppe, welche immer wieder nach hinten blickt. Die Kurve später angebremst, hier ein Sprint über die Kuppe, hier wieder schneller raus beschleunigt.

10 Minuten jage ich den Jungs hinterher und 1.000 Meter vor dem Ziel schaffe ich tatsächlich nochmals den Anschluss.

Voll von Vorne

Nach den letzten 2 Start/Ziel Durchfahrten weiß ich, dass hier kein Zielsprint möglich. Eine kurze Seitenstraße mündet in einen Zickzack-Kurs ins Ziel. Hier geht es nun nicht um Sprintstärke oder die richtige Position, hier funktioniert nur Brechstange. So setze ich mich vor die beiden um als Erster in die Seitenstraße einzubiegen und um sie einfach von meinem Hinterrad wegzutreten. So schnell, dass Keiner in den Kurven reinstechen kann oder schneller aus der Kurve rauskommt.

Zieleinlauf

So rette ich mich ins Ziel und sichere meinen 8. Platz, der allerdings schon am Schweinebuckel nie gefährdet war. Ich wusste nämlich, dass die zwei Vordermänner nicht in meiner Altersklasse waren und somit hätte ich mir den Kraftakt der letzten 5 Kilometer sparen können. Letztendlich ging es aber neben den zwei Plätzen im GK darum, als Jäger und nicht als Abgehängter ins Ziel zu kommen.

Speicher füllen

So schaffte ich mit einer 35er, 36er und nochmals einer 35er Runde eigentlich konstanter zu fahren, als es die Wattzahlen und das Körpergefühl ankündigten. Im Vergleich zu Furtwangen war dieses Rennen deutlich intensiver, etwas länger und von der Strecke nicht so ideal für mich. Trotzdem hat mein Körper wieder einen Tick besser funktioniert und ich bin zufrieden.

Einen tollen Abschluss finde ich dann noch anschließend im Gespräch mit Daniel Gathof, ein saunetter Kerl mit dem geilsten Rennoutfit (wenn man nicht gerade Cyan trägt) am Körper und zudem auch Pivot Fahrer. Endlich sehe ich das Mach 4SL mal in Deep Lake Blue. Nach dem Bike lechze ich schon seit es in dieser Farbe präsentiert wurde und ich hoffe, dass ich es 2022 mal in die Finger bekomme.

Welch geile Bikes…und die Typen erst 🙂

So endet das Rennen am Illmensee und als wir Sonntags zurückreisen, verzichten wir auf die Buffetrunden beim Asiaten, um das Wochenende mit drei runden Pizzen entsprechend abzurunden. Welch einen geilen Satz hau ich da noch zum Schluss raus 😊

Die Stars des Rennwochenendes

Happy ride

Euer Daniel